Visuelle Suche

Visuelle Suche: Was bedeutet der Trend für Search und Marketing?


In den meisten Fällen suchen wir, indem wir Text in eine Suchmaschine eingeben – wahlweise per Hand oder Sprache – und anschliessend die Suchresultate anschauen und vergleichen. Moderne Rechenleistung macht es möglich, inzwischen auch visuell zu suchen. Sprich: Sie füttern beispielsweise Google mit einem Bild und die Suchmaschine zeigt Ihnen, welche Gegenstände, Produkte, Sehenswürdigkeiten oder sonstige Objekte darauf zu sehen sind.

Zahlreiche Branchen können von Visual Search profitieren – allen voran eCommerce.

Wie funktioniert visuelle Suche heute?

Für den Menschen ist die Bilderkennung eine leichte Sache. Schnell identifizieren wir Schuhe, Autos, Bäume, Menschen, Tiere oder die Freiheitsstatue. Für Software und Maschinen ist diese Aufgabe weniger einfach – was gut an Captcha-Verfahren zu erkennen ist, die häufig auf Bilder zurückgreifen, da diese ein Problem für Computer sein können.

Die Schwierigkeit liegt in der Datenmenge begründet: Es gibt Millionen (eventuell sogar Milliarden) verschiedener Schuhe. Autos, Smartphones oder Kleider existieren ebenfalls in unzählbarer Vielfalt. Dass eine fünftürige Limousine dieselbe Gegenstandsklasse besitzt wie ein zweitüriger Kleinwagen, ist für uns offensichtlich – aber für Maschinen nicht.

Gegen dieses Problem hilft nur maschinelles Lernen: Gewaltige Datenberge werden einer Software zur Analyse angereicht, sodass diese in Zukunft alle Autotypen unterscheiden kann. Dies erfordert enorme Computeleistung, weshalb visuelle Suche früher nicht denkbar war. Heute ist es jedoch möglich – und jene visuelle Suche kann sich als Basis neben Text- und Sprachsuche etablieren.

Wo ist Visual Search relevant?

Prinzipiell gibt es keine Grenzen: Die offensichtlichsten «Kunden» stammen aus dem eCommerce-Bereich, auf den wir gleich gesondert eingehen. Davon abgesehen existieren unzählige Einsatzbereiche:

1. Sie sind Naturliebhaberin oder -liebhaber und fotografieren draussen eine Pflanze, aber können sie nicht identifizieren. Reichen Sie das Foto an eine entsprechende App weiter und sie wird Ihnen sagen, mit welchem Gewächs Sie es zu tun haben.

2. Sie finden alte Tabletten in einem Schrank und sind sich unsicher, um welches Medikament es sich handelt – und Risiken möchten Sie nicht eingehen. Nach einer kurzen visuellen Suche wird das Arzneimittel erkannt und Sie können etwa Rückfragen bei einem Arzt stellen.

3. Sie entdecken eine ungewöhnliche Verletzung an Ihrem Haustier. Fotografieren Sie sie, werden Sie schnell erfahren, was das Problem ist, und können sofort nach einem Tierarzt in der Nähe suchen.

Visuelle Suche kann somit in praktisch jeder Alltagssituation, in der Sie Informationen über einen bestimmten Gegenstand einholen möchten, von Bedeutung sein. Grenzen gibt es nicht: Alles, was fotografierbar ist, kann auch gesucht werden.

Der grösste Gewinner visueller Suche: eCommerce

Von bedeutender Relevanz ist Visual Search für den gesamten eCommerce-Sektor. Wer ein Produkt sieht und dies kaufen möchte, kann es einfach fotografieren. Anschliessend werden Google & Co. (Beispiel: Google Lens oder Pinterest Lens) sofort anzeigen, wo dieses Produkt für welchen Preis zu kaufen ist.

Dabei müssen diese Produkte nicht zwingend gut platziert in perfektem Licht auf einem Tisch liegen. Jeans, die von einem Model getragen werden, können ebenfalls fotografiert werden. Vielleicht entdecken Sie einen besonders schönen Rucksack auf einem Foto: Geben Sie es Google, lassen Sie eine rekursive Bildsuche durchführen, und finden Sie sofort Geschäfte, wo Sie diesen Rucksack kaufen können.

Es erklärt sich von selbst, dass dies eine wahre Goldgrube für Händler ist. Wirksame Werbung, die Produkte im bestmöglichen Licht präsentiert, wird durch visuelle Suche noch erfolgreicher – denn das Auffinden der sichtbaren Produkte wird wesentlich erleichtert. Alles, was Ihnen im Alltag begegnet, können Sie sofort wiederfinden und bei Bedarf kaufen. Dies ist mit textbasierter Suche in dieser Präzision nicht möglich.

Text vs. Bild: der Unterschied im Detail

Der kritische Unterschied zwischen visueller und textbasierter Suche liegt in der Relevanz der Inhalte. Um beispielsweise genau ein bestimmtes Paar schwarzer Schuhe zu finden, müssten Sie eine sehr exakte textbasierte Suchanfrage stellen. Diese könnten Sie in den meisten Fällen nicht formulieren – und Google könnte keine passende Antwort liefern, da diese Wortabfolge in dieser Form nicht auf anderen Webseiten existiert. Daher bleibt nur eine eher generische Suche – etwa «schwarze, halboffene Schuhe ohne hohen Absatz». Das Ergebnis sind Hunderte verschiedener Produkte.

Suchen Sie hingegen mit einem Bild des Schuhs, den Sie kaufen möchten, werden Sie entweder zu exakt diesem Modell geleitet oder zumindest zu Schuhen, die dem von Ihnen gesuchten Exemplar sehr ähnlich sind. Nicht selten sind bereits die ersten wenigen Treffer höchst relevant – und Sie sparen Zeit, da Sie sich nicht durch ein grosses Produktportfolio klicken müssen.

Die textbasierte Suche ist daher für grössere Produktkategorien nach wie vor relevant – aber die bildbasierte Suche liefert schnell sehr exakte Ergebnisse.

Visuelle Suche – Integration in eCommerce und Marketing

Profiteure der visuellen Suche sind eCommerce-Plattformen, die visuelle Suche als festen Bestandteil in Webseiten und Apps integrieren.

Stellen Sie sich dazu einen Onlineshop vor, der die bildbasierte Suche für die Produktfindung erlaubt. Potenzielle Kundinnen und Kunden laden ein Foto hoch und der Onlineshop zeigt im besten Fall sofort exakt dieses Produkt an (oder zumindest sehr ähnliche Produkte). Dies bringt aus Sicht der Suchenden zahlreiche Vorteile:

1. Geschwindigkeit: Passende oder ähnliche Produkte werden augenblicklich angezeigt, was bei der textbasierten Suche durch falsche Eingaben oft nicht passiert. Die hohe Geschwindigkeit reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Kundinnen und Kunden die Plattform verlassen.

2. Präzision: Kundinnen und Kunden finden, was sie suchen – und keine irrelevanten Inhalte. Dies erhöht die Kundenzufriedenheit, was langfristig auch wiederkehrende Kundschaft bedeutet.

3. Barrierefreiheit: Jeder kann ein Foto aufnehmen und hochladen, aber nicht jeder beherrscht unsere natürliche Sprache perfekt. So erreicht der Onlineshop auch Kundinnen und Kunden aus dem Ausland oder Personen, die aus anderen Gründen keinen Gebrauch von textbasierter Suche machen können.

Vorteile wie diese führen alle zum selben Ziel: höhere Umsätze durch eine bessere User Experience für Kundinnen und Kunden. Dies betrifft auch den B2B-Bereich: In besonders technischen Bereichen fällt eventuell die textliche Beschreibung von Maschinenkomponenten schwer – aber eine Bildsuche führt sofort zum gewünschten Produkt beim Zulieferer.

Kurzlebiger Trend – oder langfristiger Paradigmenwechsel?

Die visuelle Suche wäre nicht erfolgreich, wenn wir keine Geräte hätten, um sie zu nutzen. Da Smartphones eine immer höhere Marktdurchdringung geniessen und jeder permanent alles fotografieren kann, wird Visual Search ein Kernthema bleiben. Dieser Trend ist auch in den sozialen Medien absehbar, wo bildbasierte Plattformen wie Instagram und Snapchat oder auch videozentrierte Apps wie TikTok nach wie vor höchste Beliebtheit geniessen.

Zudem ist die steigende Computeleistung höchst relevant: Jedes Jahr wächst die Trefferwahrscheinlichkeit bei der Bildsuche bedeutend an. Jetzt gibt es noch vereinzelt Fehler bei der Suche. Doch wie sieht es in fünf oder zehn Jahren aus? Wer die eigene Marketingstrategie frühzeitig auf visuelle Suche anpasst, wird daher in jedem Fall profitieren – jetzt, und vor allem langfristig.

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